Michael Winterhoff – Mythos Überforderung – Güthersloher Verlagshaus – Rezension

Mythos Überforderun… oder was wir gewinnen, wenn wir uns erwachsen verhalten.

Schon mehrfach hatte ich dieses Buch in den Händen, es ist ganz auffällig in orange gehalten, drehte und wendete es, und fragte mich dabei, was es mir bringen könnte, es zu lesen, was es mir sagen will, mit diesem Titel: Mythos Überforderung. Wenn ich mich müde und ausgelaugt fühle, das Wochenende zusätzlich zu der Woche vollpacke und doch allem nur noch hinterherlaufe, weil ich es nicht schaffe, alles zu erledigen, weil ich hier und da sein soll, allseits gut gelaunt versteht sich, und mich dann beklage, daß ich mich erschöpft fühle, keine Zeit mehr für mich habe und schlecht schlafe, mich also überfordert fühle von meinem Leben, dann ist das ein Mythos? Will er mir mit diesem Buch sagen, ich sei zu schwach, eine Memme, die nichts mehr aushält? So habe ich es am Anfang verstanden. So ist es aber keineswegs gemeint. Nicht ganz so. Denn jeder ist seines Glückes Schmied, um einmal eine Floskel zu bemühen, in der in diesem Fall viel Wahrheit steckt. Denn wir bauen uns unsere Überforderung selbst zusammen. Wie das gekommen ist? Er erklärt es uns, er zeigt uns, in welcher Welt wir mittlerweile leben. Diese Welt hat sich rasend schnell verändert in den letzten Jahrzehnten, die Anforderungen sind gestiegen, die digitale Welt kam dazu. Ständig sind wir unzähligen Reizen ausgesetzt, geben ihnen nach. Das macht uns müde, führt zum Burn-out, vielleicht in eine Depression. Dabei ist es nicht so, daß wir viel mehr arbeiten als früher. Sukzessive sind wir von einer 48-Stunden-Woche zu einer 38,5 bis 40-Stunden Woche gekommen, diskutiert wird ein 30-Stunden Modell, Schweden möchte es gerne einführen. Werte haben sich geändert. Es zählt nicht mehr nur noch, was man kann, sondern was man vorgibt zu können.
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Silo, Level und Exit – die Wool-Trilogie von Hugh Howey – Rezension – Piper Verlag

SiloDie Menschheit lebt unter der Erde, in einem Silo. Vom obersten Stockwerk aus kann man mittels Kameras nach draußen schauen, auf die Erde, die grau und braun und leblos daliegt. Draußen ist es unwirklich, vergiftet, ein Leben dort ist nicht mehr möglich. Das Leben innerhalb des Silos ist streng gegliedert. Jeder hat seine Aufgabe. Alles wird überwacht.
Holsten fungiert als Polizeichef. Seine Frau Allison, eine Computerexpertin, stößt auf alte, oft überschriebene oder gelöschte Dateien, die von den Aufständen erzählen und die Geschichte der Welt anders wiedergeben, als es offiziell getan wird. Was ist wirklich passiert? Wie kam es zu dem Silo und warum ist die Welt draußen verseucht? Ist das, was man sehen kann, wirklich wahr?
Allison verstößt mit ihren Fragen gegen die Regeln. Sie fühlt sich zunehmend beengt, eingesperrt. Sie möchte endlich frei sein und gehen. Das bedeutet für sie zur Reinigung hinausgeschickt zu werden, und das ist ein Todesurteil.
Die Verurteilten brechen nach kurzer Zeit auf der Oberfläche zusammen. Vorher sollen sie die Linsen der Kameras säubern, damit die Silobewohner einen klaren Blick auf die Erde behalten. Drei Jahre später meldet sich Holsten freiwillig zur Reinigung. Er hat sich in all den Jahren gefragt, was seine Frau herausgefunden hat. Seine Zweifel an allem werden immer lauter. Ist alles echt, was er sieht?
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Traummann aus der Zukunft – Merelie Weit – Aufbau Verlag – Besprechung (Rezension)

Traummann ZukunftIch bin ja so gar nicht der Liebes- Frauen- und/ oder Kitschromantyp, ich brauche handfeste Themen, gerne auch etwas wissenschaftliches, und mit Romantik tue ich mich sehr schwer. Trotzdem bin ich bei dem Cover stehen geblieben, habe die Maus bewegt und mir die Beschreibung des Romans angeschaut. Ja, ich war mal wieder ziellos im Netz unterwegs, schaute mir diverse Bücher und Angebotsbücher an und darunter war auch dieses. Nicht, dass mich der Titel gefangen hätte, denn der sagte mir, dass es sich um besagte Frauenlektüre handelt, nein, der Name sagte mir etwas. Die Autorin ist nämlich die Mutter eines Youtubers (Reyst), der im letzten Jahr mit einem bekannten Gamer auf Reisen gegangen ist bla bla, ich möchte nicht zu weit ausholen, jedenfalls konnte ich mit dem Namen etwas anfangen und war neugierig. Im Netz ist schnell gekauft und eine Sonderaktion, ich glaube für 99 Cent, war es auch. Jetzt kommt der Satz: da kann man nicht viel falsch machen. Doch. Falsch machen kann man immer alles. Aber egal. Gekauft ist gelesen. Als ich noch an verschiedenen Besprechungen rumgedoktert habe, öffnete ich den Traummann, um etwas zu lesen und nicht gleich mitschreiben zu müssen, wie es sonst meine Art ist. Leichter Stoff, der nicht beschwert und leicht zu durchschauen ist. Ein bisschen Durchzug. Auch ein bisschen, um mal reinzuschauen, was solche Romane bieten oder auch nicht.
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Abbas Khider – Ohrfeige – Hanser Verlag – Rezension

Er hat diese Frau Schulz geohrfeigt und an ihren Stuhl gefesselt mit Klebeband. Sie soll endlich einmal zuhören und die wahre Geschichte von Karim Mensey hören, der aus dem Irak flüchtete mithilfe von Schleppern, nach Paris zu seinem Onkel wollte und in Dachau aus einem Lieferwagen geworfen wurde. Auf diese Art und Weise hören auch wir ihm zu. Dass seine Sachbearbeiterin bei der Ausländerbehörde, die Frau Schulz, kein Wort Arabisch versteht, interessiert ihn nicht. Zu lange hat er die Bürokratie in Deutschland ertragen, war nur eine Nummer, musste warten, durfte erst nach einem Jahr Arbeit einen Sprachkurs belegen, lernte einen Lebenslauf auswendig, um als Flüchtling anerkannt zu werden und schämte sich wegen des eigentlichen Grunds, nämlich Brüste. Irgendwann wuchsen ihm Brüste. Er hoffte, in Deutschland schnell Arbeit zu finden und Geld für eine Operation sparen zu können. Dann kam der 11. September und alles änderte sich.
Aufgrund der Flüchtlingsthematik habe ich zu diesem Buch gegriffen. Ich hatte viele Fragen. Kenne die schrecklichen Bilder aus den Medien. Doch diese Flüchtlingsgeschichte ist schon älter. Sie beginnt im Jahre 2000. Die Heime waren noch nicht derart überfüllt und über Quoten wurde noch nicht gesprochen. Mit der heutigen Situation kann ich den Roman also nicht vergleichen. Recht spannungslos plätschert die Erzählung dahin. Mir fehlt die Tiefe. So ein Schicksal ist doch schrecklich! Fern des Heimatlandes, abgestellt in einem Heim mit anderen, die geflohen sind, einer ewigen Warterei auf Anerkennung ausgesetzt, was macht man da? Karim kifft. Der Text wird von kursivierten Passagen unterbrochen, die sich als das reale Geschehen entpuppen. Der Rest ist Fantasie. Eine Abrechnung und Rache.
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Der Marsianer – Andy Weir – Heyne Verlag – Rezension

Er ist am Arsch.
Richtig am Arsch. Und allein.
Es war dieses beschissene Wetter schuld, dieser elende Sturm und der ganze Sand. Am sechsten Tag der Mission. Niemand konnte etwas dafür. Und nun hat er den Schlamassel. Ich rede von Mark Watney. Von Beruf Botaniker, Mechaniker und Astronaut. Sein neuer Wohnort: der Mars. Ungefähr 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Na prima. Und nun?

Wie es weitergeht, erfahren wir durch sein Tagebuch. Er beginnt mit den Worten: „Ich bin so was von im Arsch.“ In dem Ton geht es weiter. Dafür, dass er so weit weg von zu Hause und allein auf einem nicht ganz so lebensfreundlichen Planeten sitzt, berichtet er sehr salopp, rotzig und manchmal abgeklärt. Analysiert seine nicht wirklich rosige Situation. Macht eine Bestandsaufnahme.Der Sturm war heftig, sodass die Marsmission Ares 3 abgebrochen werden musste. Alle sollten zum MRM (Marsrückkehrmodul), um zurück zur Hermes zu fliegen, einem Raumschiff in der Umlaufbahn des Planeten, das die Crew sicher zur Erde zurückbringen würde. Doch der Sturm reißt Antennen ab, Teile fliegen durch die Luft, Mark wird getroffen und verletzt, das MRM droht zu kippen, die Kommandantin Lewis sucht ihn, findet ihn aber nicht, der Kontakt zu Mark ist abgerissen, und muss den Befehl für den Abflug geben, um die anderen Crewmitglieder nicht zu gefährden.
Am nächsten Tag findet Mark sich halb verschüttet im Sand wieder, mit einem Metallteil im Bauch. Sein Raumanzug gibt Alarm. Er kann sich aufraffen und zur Wohnkuppel gelangen. Sie steht noch und funktioniert einwandfrei. Viel hat der Sturm zum Glück nicht beschädigt. Er verarztet sich selbst. Und sitzt nun mutterseelenallein auf einem Planeten. Funkkontakt zur Erde nicht möglich. Es hat ja die Antenne zerrissen.
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Leserunde bei LovelyBooks – Matthias Borngrebe – PQ

LovelyBooks ist ein herrliches Portal, auf dem es sich nur um Bücher dreht! Ich schaue leider viel zu selten rein, hinterlege eine Rezension und das war’s schon wieder.
Vor kurzem wurde ich angeschrieben, ob ich nicht bei einer Leserunde mitmachen möchte und gewann ein Exemplar von Matthias Borngrebe mit dem Titel PQ.
Mit der Sterneverteilung habe ich oft meine Schwierigkeiten, aber so wird es überall vorgegeben, man muss etwas anklicken. Halbe Sterne gibt es nicht. Deshalb verzichte ich hier auf eine Einordnung und schreibe etwas zum Inhalt.
Ich habe mich schwer getan mit dem Roman, zu beschreibend geht der Autor vor, ohne seinen Pfad zu verlassen. Oft packt er eine Schippe zu viel drauf, sodass ich als Leser gar nicht mehr denken muss, das ist schade. Freiräume für den Leser fehlen, andererseits klaffen Lücken. Ein Mord wird nachts im Winter verübt, die Mörderin geht im Schnee zu Fuß  nach Hause und muss sich viel später der Polizei stellen? Die hätten die doch sofort gehabt! Bessere Spuren gibt es doch gar nicht.
Na ja, und so arbeitete ich mich durch den Text und es warfen sich plötzlich einige Fragen auf. Hier meine Rezension:

Matthias Borngrebe – PQ
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Terror … oder nicht

Ja wo bleibt der Terror denn, der angekündigte, vermutete, der, über den dauernd gesprochen wird, seit es Terror in Europa gibt. Es ist Karneval, alle berichten davon, der Terror wandert, wann kommt er an. Dauernd Meldungen. Menschen sagen, sie seien mittlerweile verunsichert. Deutschland hat im November ein Fußballspiel abgesagt, Teile der Wahrheit würden uns verunsichern, wenn man sie uns mitteilen würde. Tut man daher nicht. Alles bleibt im Dunkeln, unausgesprochen. So bekommt man Angst. Dann Silvester. Die nächste Verunsicherung. Was war das? Auf einmal wurde es groß. Auf einmal wurde nur noch davon gesprochen. Das Ausmaß groß. Jeder ein Verdächtiger. Deutschland noch unsicher und immer noch nicht vorbereitet. Nun ist eben Karneval und eine Bombe gab es bislang noch nicht. Aber Verdächtige. Altweiber wurde gefeiert mit Razzien, es sei etwas geplant gewesen, nun ist man eingeschritten, hat verhaftet, Berlin wird geraunt, Alexanderplatz, also doch nicht Köln. Nach Köln kann ich? Auch als Frau?
Manchmal frage ich mich, ob diese Themen gerade recht kommen, um uns zu beunruhigen, so achten wir auf die Dinge nicht, die an uns vorbeigeschleust werden. Unpopuläre Entscheidungen werden oft in solchen Situationen durchgesetzt. Es schert niemanden. Denn es ist vorbei, wenn es bemerkt wird. Kann man nichts machen. Wir lassen so mit uns umgehen, schon immer. Die Griechen demonstrieren, legen einfach ein Land lahm, streiken und zeigen, was sie von der Politik halten. Wir lassen uns weiter gängeln. In den Medien kommt der Terror und Karneval. Nur das, was im Fernsehen flimmert, ist ein Problem? Was passiert, wenn alle nüchtern sind?
Ernüchterung.

Inside IS – 10 Tage im Islamischen Staat – Jürgen Todenhöfer

Mir ist immer noch ganz mulmig, gerade habe ich das Buch zugeklappt. Es geht um ein Thema, über das wir hier und da hören, es vielleicht nicht so ernst nehmen, denn es ist ja so weit weg. Wir sitzen schön im Warmen in unserer westlichen Welt. Syrien, der Irak und die anderen arabischen Länder sind weit weg.

Jürgen Todenhöfer war da, er war mittendrin. Beim IS. Zuvor hatte er ein halbes Jahr mit deutschen Kämpfern des IS geskypt, um eine Garantie für seine Reise zu bekommen, um überhaupt reisen und dokumentieren zu können. Normalerweise tötet der IS Journalisten und Andersgläubige. Denn für sie ist die Welt einfach: es gibt nur den Islam. Der regelt alles. Eine weitere Gesetzgebung braucht es nicht. Geurteilt und bestraft wird nach der Sharia. Juristen sind überflüssig. Nach einigem zähen Ringen bekam er schließlich die offizielle Erlaubnis des Kalifen, den Islamischen Staat zu bereisen, zu filmen, zu fotografieren und Interviews zu führen. Im Dezember 2014 ging es los. Todenhöfer reiste mit seinem Sohn und einem Freund an die türkische Grenze, um von dort aus in den Islamischen Staat geschleust zu werden. Etwas abenteuerlich gestaltete sich der Grenzübertritt, dann war er da, mitten im IS. Im Rekrutierungslager herrschte eine ausgelassene, freundliche Stimmung. Sie wurden neugierig aufgenommen. Erst einen Tag später traf er seinen Interviewpartner der letzten Monate. Frei bewegen durfte er sich allerdings nicht, ständig waren Kämpfer um ihn herum, die ihn von einem Ort zum nächsten brachten und genau beobachteten, mit wem er spricht und was sein Sohn fotografiert. Handys und Computer wurden ihnen sofort bei der Ankunft abgenommen. Todenhöfer unter Terroristen.

Es drängte ihn die Frage, warum sich so viele Männer als Kämpfer anschließen, warum sie diesen mittelalterlichen Idealismus als ihre neue Religion annehmen. Und wie sich das tägliche Leben im Islamischen Staat gestaltet. Kann man dort normal leben?
Ein wenig erfahren wir darüber in seinem Buch.
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