Computerspiele

42 Prozent der Bevölkerung in Deutschland spielen Computerspiele, sagte gestern morgen eine Moderatorin im Radio und kündigte damit die Messe Gamescom in Köln an, die ab jetzt tagelang tobt. Ich stutze. So viele Menschen spielen? Das heißt, sie sitzen ruhig vor ihrem Computer und lassen Figuren in einer bunten und ruckelfreien virtuellen Realität laufen, haben sich Charaktere erschaffen, die ihren Idealen entsprechen und verdrömeln so unzählige Stunden? Oder sie sitzen vor einer Spielekonsole oder starren auf ihr Smartphone und bewegen die Finger dabei ruckartig, es gibt ja viele Möglichkeiten Spiele zu spielen. Atmen dabei verbrauchte Luft und bewegen sich selbst nicht mehr, oder nur kaum, manchmal schreien sie auch rum, weil sie sich erschreckt haben, weil vielleicht irgendetwas in ihrer virtuellen Welt um die Ecke kam. Der Nichtspieler fährt in solchen Momenten auch zusammen, weil das die einzigen Äußerungen sind, die ein Spieler von sich gibt. Ansonsten ist er im RL wortkarg. Vernachlässigt im RL mitunter einiges und ist froh, wenn er abtauchen kann, sprich, den Computer anmachen kann. Oder die Konsole. RL ist übrigens das reale Leben. Ich weiß, ihr wisst das alles schon. Ihr seid vielleicht auch begeisterte Spieler und findet meine Beschreibung übertrieben. So übertrieben ist sie aber gar nicht, ich habe schon oft Spieler erlebt. Sie verändern sich. Spielen sie nicht, schauen sie sich im Netz Menschen an, die spielen. Ich komme da nicht mehr mit. Ich habe es selbst ausprobiert, um zu erfahren, was so toll an der Spielerei ist. Herausgefunden habe ich: nichts. Mir gibt es nichts. Ich mag es nicht. Ich sehe keinen Sinn darin, Geld in virtuelle Gegenstände zu stecken, Gegenstände, die ich nicht anfassen kann und deren Gegenwert mir völlig fremd ist. Bei Ebay gibt es virtuelle Charaktere, die für eine Menge Geld verkauft werden. Einen Sinn bringt das immer noch nicht. Auch ist es völlig sinnfrei, mit den Fingern über einen Bildschirm zu schrubben, um Melonen zu zerteilen, die vom Himmel fallen. Sind die Maschinen aus, fühlt der Spieler sich leer. Was soll er nun machen? Seine Welten, in denen er Aufgaben zu bewältigen hat, existieren nur mit Strom. Meine gibt es auch ohne. Ich nehme ein Buch in die Hand. Ich kann es sogar riechen. Ich fahre mit dem Fahrrad durch das RL und kann einen echten Sonnenuntergang sehen, muss mich mit echten Fliegen herumschlagen, die unter meinem Hemd krabbeln und treffe sogar Menschen! In der Natur! Ich bin gespannt, wie der ganze Wahnsinn sich weiterentwickeln wird. Wo werden wir uns in der Zukunft verabreden?
Gesprochen wurde im Radio auch von diesen Brillen, die man aufsetzt und damit völlig in die künstliche Welt abtauchen kann. Ich brauche nur eine Welt, und die ist mir manchmal schon kompliziert genug.