Nach einem Kriminalroman, der im Jahre 1913 spielt, bin ich über den Herrentag von Hans-Henner Hess gestolpert, der auf dem Cover schon wütet mit den Aussagen: schräger Witz, verschrobene Figuren, einmalige Kulisse! Mit Ausrufezeichen! Damit es auch unbedingt bei mir ankommt. Und ich es gefälligst glaube. Warum diese derart reißerische Werbung auf dem Cover? Hier wird um Aufmerksamkeit gebuhlt, schließlich liegen auf dem Tisch noch mindestens zehn andere Krimis. Irgendwie muss man auf sich aufmerksam machen. Gut. Wir wissen aber, die Werbung lügt immer. Bei mir hat das Buhlen nicht funktioniert, da nicht sichtbar, denn ich habe das Buch als E-Book gekauft, Freitagsaktion bei Thalia, die läuft immer noch.
Ich stolpere zunächst über die Hauptfigur, den Anwalt Fickel. Was für ein Name! Hauptsache originell hat sich wohl der Autor gedacht. Es schließt sich das Opfer an, mit Namen Kminikowski, angehende Amtsgerichtsdirektorin und Frau des Landrates, die erwürgt in einem Park gefunden wird. Bis zum Schluss bin ich über den Namen gestolpert, das hat manchmal meinen Lesefluss behindert.
Auch sonst geht es der Autor flapsig und überbordend an. Seine Sprache ist locker gewebt, auch hier bemüht er sich um Originalität. Da klingt die Stimme cool wie ein Pfefferminzdrops und ich frage mich immer noch, wie das dann klingt. Die Stimme des Anwalts Fickel und Hans-Henner Hess Erzählton sind eins. Das stört manchmal.
Der Roman ist in sich wirklich schräg, wie angekündigt. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Schmunzelt und lacht. Dafür sorgt die Handlung und ein Anwalt, der seinen ersten richtigen Fall bewältigen muss und sich dabei fühlt wie Matula. Sonst war er nur die „Terminhure“, sprang kurzfristig ein, wenn Kollegen nicht rechtzeitig zur Stelle waren und vom Strafrecht hat er nicht umfassend Ahnung.
Gelungen ist die Handlung, die mich immer wieder auf die falsche Fährte lockt, nie ist es, wie ich denke, und ein bisschen Gesellschaftskritik liegt auch versteckt. In der Politik wird korrumpiert, die Seniorenbetreuung ist die reine Abzocke. Und Richter sind froh, wenn sie ihre Fälle schnell vom Tisch haben, aber so einfach und offensichtlich, wie manches scheint, ist es nun doch nicht.
Alles in allem, ein amüsanter Kriminalroman, der sein Tempo beibehält. Eine Fortsetzung liegt schon vor.
Hier geht es zum Buch: http://www.dumont-buchverlag.de/buch/Hans-Henner_Hess_Herrentag/12833