Fast täglich lesen wir von den Machenschaften der Lebensmittelindustrie, manchmal wird ein Skandal publik, was wir zu essen bekommen, ist zu einem Dauerthema geworden. Die Anfeindungen sind groß. Die Hersteller wehren sich. Der Lebensmittellobbyist Minhoff erklärte stellvertretend für alle in einem Interview: „Wir können die Welt nicht retten.“ Das erwartet auch niemand.
Wer ist er überhaupt?
Er ist ein Lobbyist. Der Begriff ist uns schon lange geläufig. Wenn wir ihn hören, winken wir ab, weil wir wissen, was dahinter steckt. Beeinflussung der Politik sowie der öffentlichen Meinung, Unterwanderung, Veränderung von vernünftigen Entscheidungen in Entscheidungen, die gut für die Industrie und den angestrebten Profit sind, immer ganz im Dienste der Wirtschaft. Der Verbraucher ist nur das Schaf, das glauben soll. Als wären wir hier in der Kirche. Heilig ist schon lange nichts mehr. Was zählt ist der Umsatz, der Einfluss und das Wachstum. Wachsen soll alles bis zum Platzen. Lobbyismus nennt sich selbst auch „Politikberatung“. Das muss in Anführungszeichen gesetzt werden, so verklärend ist das.
Er ist der Geschäftsführer zweier Spitzenverbände der Ernährungswirtschaft, ehemals Journalist und Chef des Senders Phoenix. Deshalb kann er mit Worten und Tatsachen umgehen und sie biegen und drehen. Er spricht zum Beispiel davon mehr zu erklären. Zitat: „Ich glaube, die Leute verstehen am Ende, dass die industrielle Herstellung und Veredelung von Nahrungsmitteln ein Höchstmaß an Sicherheit garantieren.“
Das haben wir gemerkt! Dauernd gibt es Skandale. Ich liste sie nicht auf, jedem wird mindestens einer spontan einfallen. Er steht auf der Seite des Geldes, nicht auf der Seite der Realität. Er wird dafür bezahlt die Fakten zu leugnen. Es gibt bei der Nahrungsproduktion kein Höchstmaß an Sicherheit, noch nicht mal ein bisschen Sicherheit, Veredelung, was soll das sein? Ein zwei Jahre altes Olivenöl wird in einer edel aufgemachten Flasche für viel Geld angeboten. Das ist Täuschung. Brot wird gefärbt, Geflügel und Fisch mit Wasser aufgespritzt, damit es mehr wird, ist alles erlaubt, ist das die Veredelung, die er meint?
Was für die Menschen gut ist, interessiert schon lange niemanden mehr. Interessant ist, dass wir alle aus demselben Napf fressen.
Er beschimpft die Diskussion über die Sucht nach Zucker, die „Droge“ Zucker als lebensfern. So fern ist das gar nicht. Es liegt auf unserem Teller. Denn fast kein Produkt kommt ohne Zucker aus. Auch Chips enthalten ihn, man glaubt es kaum, auch Ketchup (bis zu 20%), er hat verschiedenen Namen, und die Menschen nehmen ihn auf, oft ohne es zu wissen und werden vom modernen Essen dicker und dicker und erkranken häufiger an Diabetes. Da soll es wirklich keinen Zusammenhang geben? Viele greifen gerne zu Produkten, auf denen „fettreduziert“ prangt, um Kalorien zu sparen, sich gesünder zu ernähren, und was bekommen sie? Noch mehr Zucker! Der Geschmack muss ja irgendwoher kommen, wenn Fett als Träger wegfällt. Dabei erinnert uns Minhoff daran, dass wir es ja so wollen. Die Industrie produziert nichts, was der Verbraucher nicht will, sagt er. Schön umgedreht und abgeschoben. Ich kann als Verbraucher nur das kaufen, was mir angeboten wird. Dabei habe ich eine massiv eingeschränkte Wahl. Mir werden Produkte aufgedrängt und die Schuld zugeschoben, die Verantwortlichen geben ihre Verantwortung ab. Sie denken nur ans Geld und kreieren weiter Mischmaschprodukte, die keiner wirklich braucht. Mich widert diese Taktik an. Auf der Suche nach Alternativen gehe ich lange Wege. Aber ich gehe sie. In der bunten Konsumwelt finde ich nicht viel, was mir zusagt. Ich möchte es pur, den Rest mache ich dann schon. Ich brauche keine fertige Nudelsoße, keine Dosensuppe und kein Fixprodukt für Soundso. Hippokrates hat festgestellt: „Eure Nahrungsmittel sollen Heilmittel – und eure Heilmittel sollen Nahrungsmittel sein. Dann schauen wir mal auf unseren Teller. Mit Heilmitteln hat das längst nichts mehr zu tun.
„Wir können die Welt nicht retten“, ich komme noch einmal auf sein Zitat zurück. Wer hat ihn denn mit dieser Aufgabe betraut? Niemand. Leider. Wir erwarten vernünftige und chemiefreie Mittel zum Leben, um uns zu ernähren und uns damit zu erhalten. Essen und Trinken müssen wir. Sonst sterben wir. Essen und Trinken sind das wichtigste in unserem Leben. Nicht umsonst ist eine Foltermethode der Essensentzug. Haben wir Hunger, leiden wir Qualen. Ich meine nicht das kleine Hüngerchen zwischendurch, bei dem viele direkt an Milchreis denken dank der penetranten Werbung, sondern den richtigen Hunger, das Hungern, das unsere Eltern und Großeltern im letzten Krieg durchlitten haben. Knappheit war an der Tagesordnung.
Von Knappheit kann bei uns keine Rede mehr sein. Wir werden überschwemmt mit Lebensmitteln, haben uns jedoch weit von ihnen entfernt, weil wir nicht mehr genau wissen, was wir gerade einkaufen. Eine Tomate ist eine Tomate, aber woher sie kommt und was in ihr steckt, das wissen wir nicht genau. Man sagt es uns nicht. Man – das ist die Lebensmittelindustrie, an dessen Spitze Minhoff steht.
Er hat wirklich einen aufreibend schweren Job. Er muss uns glauben machen, dass der zusammengepanschte, gestreckte und aromatisierte Mist Gold ist. Eine schwere Aufgabe. Dabei hatte er uns Transparenz versprochen. Er hat es wirklich nicht leicht. Zum Schluss frisst er aus demselben Napf. Das ist die einzige Genugtuung.