Kaffee mit Sojamilch

Manche Dinge scheinen so schwer, dass ich es kaum glauben kann. Nicht in der heutigen Zeit, in der alles auf uns einstürmt, dauernde technische Neuerungen oder Weiterentwicklungen unser Leben verändern, neue Trends regelmäßig versuchen, uns zu ändern. Doch auch wenn sie im Trend liegen, sind viele Dinge nicht einfach zu haben. Unglaublich aber wahr.

Samstagnachmittag. Köln-Deutz. Ich stehe in einem Einkaufszentrum. Laden reiht sich an Laden. Vor lauter Menschen sehe ich die Gänge manchmal nicht. Zigarettenluft dringt herein. Es stinkt. Es ist laut und nervig. Ich komme gerade aus dem einige hundert Meter entfernten Music Store, in dem ich sehr viel reden und mich beeilen musste, um bis zum Ladenschluss das zu bekommen, weswegen ich den weiten Weg gemacht habe. Danach war der Mund ganz trocken. Ich habe schon lange nichts mehr getrunken. Deshalb stehe ich in dieser Mall zwischen all den Menschen und lasse mich von den Reizen erschlagen. Mir ist nach der Hektik des Tages nach einem Kaffee, schief hinsetzen und die Beine unter dem Tisch ausstrecken. Doch wo finde ich hier was? Ich setze mich mit dem Plan des Gebäudes auseinander, um so schnell wie möglich zu erfahren, wo ich das Café finde, das ich suche, unter S … es ist amerikanisch … und finde nichts. Ich bin mir sicher, dass es hier diesen Laden gibt. Der Plan hilft mir nicht. Umschauen auch nicht, ist alles so groß um mich herum. Vielleicht kann der Herr an der Information mir weiterhelfen.
Den Laden gibt es nicht mehr. Aha. Der ist weggezogen. Ach so. Und etwas Vergleichbares? Er schüttelt den Kopf. Einige Kilometer weiter, aber hier nicht. Na toll. Interessiert erkundige ich mich, ob es im Hause wenigstens ein Reformhaus gibt. In vergleichbaren Malls anderer Städte gibt es das. Auch nicht. Köln-Deutz ist anders. Ich bin mehr als enttäuscht. Auf Konzepte kann man sich nicht mehr verlassen. Ich laufe ziellos durch die Gänge und frage wild in jedem Laden, der eine Kaffeemaschine besitzt, nach. Ein koffeinfreier Kaffee mit Sojamilch scheint ein zu komplizierter Wunsch zu sein. Ich dachte, das wäre der Trend! Egal wo, ob in der Eisdiele oder beim Bäcker, auf Sojamilch antwortet man mir immer mit laktosefreier Milch. Das geht am Thema vorbei. Ich möchte Pflanzenmilch, um Produkte vom Tier zu meiden. Vegan eben. Ist gerade total in. Nie gehört? In der Konsumwelt nicht. Da soll der Verbraucher parieren und gefälligst das nehmen, was ihm angeboten wird. Wird schließlich alles hoch subventioniert. An einer Tchibo-Filiale komme ich noch vorbei, koffeinfreien Kaffee gibt es nicht, und als ich die Sojamilch erwähne, legt die Dame los: Dahinten gibt es einen Supermarkt. Dort können Sie Sojamilch kaufen. Danke, ich bin schon auf dem Weg nach draußen. Ihren Vortrag finde ich anmaßend.

Vegan liegt im Trend. Sogar bei mir zu Hause, auf dem Lande, stapeln sich mittlerweile die Bücher zu dem Thema in der Dorfbuchhandlung. Die Buchhändlerin sagt, sie werden stark nachgefragt. Das Interesse ist da. Zehn Kilometer weiter befindet sich ein Reformhaus. Dort erweitert sich die vegane Produktpalette ständig, man erklärt mir, dass mittlerweile mehr veganer „Käse“ verkauft wird als „normaler“. Interessant.
Aber ein Kaffee mit Sojamilch ist immer noch ein außergewöhnlicher Wunsch.