Jean Echenoz – „14“ – Rezension

Echenoz 14Sturmgeläute am 01. August 1914. Mobilmachung. Anthime ist an diesem Samstag mit seinem Fahrrad unterwegs in der Vendée. Es ist heiß und windig. Die Menschen verlassen ihre Häuser und treffen sich in der Stadt. Echenoz schreibt: „Alle schienen sie höchst zufrieden über die Mobilmachung: fieberhafte Debatten, übertriebenes Lachen, Hymnen und Fanfaren, patriotische Rufe, von Gewieher unterlegt.“ Der Erste Weltkrieg beginnt.

Anthime und seine vier Freunde werden einberufen. Die Männer werden in den Krieg geschickt und lassen sich schicken und sind froh, wenn sie derart verwundet werden, dass sie frontuntauglich werden. Viel haben sie bis dahin gesehen und erlebt, und sie wissen nicht, warum sie in den Schützengräben liegen. Politik wird von den wenigen gemacht, die auf der sicheren Seite stehen und die sich nicht bewusst machen, was Krieg wirklich anrichtet. Sie stürzen für wilde Ideen Menschen in den Tod. Krieg ist immer ungerecht. Die Verantwortlichen werden meist verschont.

Echenoz spannt einen Bogen über diese vier Jahre und pickt sich kleine Szenen heraus, erzählt mit Abstand, den wir als Leser nicht lange einhalten können, sodass wir hineinfallen in diese Zeit. Unterteilt hat er seinen Roman in kurze prägnante Kapitel. Eine aufgeblähte Handlung gibt es nicht. Er erzählt knapp, es braucht nur wenig Worte, um das Wesentliche auszudrücken. Manchmal ist das Wesentliche brutal. Deshalb sind es 124 randvolle Seiten.

Kraftvolle Szenen wechseln sich ab mit ruhigen, ja fast idyllischen Momenten. Mit einfachen Worten kommt die Brutalität daher, sie entfaltet sich in mir und entsetzt mich. Das Grauen braucht keine grauenhaften Worte, Sanftheit keine sanften. Es reicht die Ruhe in einer Szene, das Kaninchen, das plötzlich dem unbewaffneten Soldaten gegenübersteht, ein kurzes Innehalten, und der Krieg findet für einen Moment nicht statt.

Es sind die kleinen Dinge, die am eindringlichsten wirken.

Nach vier Jahren endet der Krieg. Nicht alle Freunde kehren zurück. Jeden hat ein anderes Schicksal ereilt. Der Roman endet mit einem Blick auf Anthime. Und ich als Leser denke, warum haben diese Erfahrungen nicht gereicht, um einen weiteren großen Krieg zu verhindern?

Hier geht es zum Buch: http://www.hanser-literaturverlage.de/buch/14/978-3-446-24500-6/