Die Ansichtskarte

AnsichtskarteBei Tisch sinniere ich über einer Ansichtskarte, die hier steht, seit Geburtstag war, das ist ein paar Tage her. Die Karte zeigt den Ausschnitt einer Insel, es ist Juist, Spuren im Juister Sand, zwei kleine graue Wolken am Juister Himmel, ein Strandkorb, Dünen, ein Gebäude im Hintergrund, touristisch. Aber auch juistisch. Es ist dort nun mal so. Der Sand wurde nicht für die Aufnahme der Karte dorthin gekippt. Das Meer wird sich etwas nehmen, wie viel, überlege ich, da ich in der Szene stecken bleibe, wie viel wohl. Es sieht sauber aus. Orte am Meer verbinde ich mit Sauberkeit, nette, hilfsbereite Menschen, klare Luft, die die Lunge füllt und uns heilt. Ich werde aus der Szene gerissen bei diesem Gedanken. Saubere Luft? Das wäre zu beweisen. Die Luft am Meer ist nicht mehr unbedingt sauber. Das ist nachgewiesen. Die Kreuzfahrtschiffe fahren meist ohne Filter und verschmutzen die Luft. Die Sehnsucht nach Meer wird zerstört. Dann kann ich auch im Braunkohlegebiet bleiben. Langsam wird es egal. Scheißleben, wenn man nirgendwo mehr hinkann. Ich zerreiße die Karte besser. Sie ist nicht ehrlich.